Bewusstseins_Wissenschaft

Unser Bewusstsein ist bis heute ein großes Geheimnis für die Wissenschaft. Die Forschung weiß zwar einiges über das Gehirn und seine Funktionen, aber es ist nicht bekannt, wie sich aus der elektrischen Aktivität der Hirnzellen unser individuelles Erleben entwickelt. Dennoch existieren diverse fachliche Hypothesen dazu.

Diverse Theorien über das Bewusstsein

Das eine extreme Ende der Skala vertritt der Neurophilosoph Daniel Dennett. Für ihn resultiert das Bewusstsein allein aus der Aktivität von neuronalen Netzen, den gruppenweise verbundenen Nervenzellen. Deren Funktion ist dafür verantwortlich, dass wir sind, wer wir sind. Dementsprechend müssen wir nur mehr über dessen Funktionsweise herausfinden, um unsere Bewusstseinszustände erklären zu können. Für Dennettt ist Bewusstsein gleichzusetzen mit Hirnfunktion. So wie „Nassheit“ aus einer Kombination von Sauerstoff und Wasserstoff entsteht, die Wasser ergeben, entsteht Bewusstsein aus neuronalen Netzwerken.

Das andere Extrem bildet die Philosophie von Thomas Nagel. Er glaubt, dass es niemals möglich sein wird, das subjektive Empfinden anderer Menschen nachempfinden zu können, egal wie gut wir die Funktionsweise des Gehirns verstehen. Er macht dies an einem Beispiel fest: Auch wenn wir auf der neurophysiologischen Ebene die Funktionsweise eines Fledermausgehirns noch so gut verstünden, würden wir nie wissen, wie es ist, eine Fledermaus zu sein.

Zwischen diesen Extremen bewegt sich der Wissenschaftler J. R. Searle. Ihm zufolge ist das subjektive Erleben zwar eine Eigenschaft neuronaler Netzwerke, um aber das Bewusstsein zu erklären, reicht es nicht aus, die Funktionsweise dieser neuronalen Netzwerke komplett zu verstehen. Searle meint, dass das Bewusstsein nicht auf die Hirnaktivität reduziert werden könne.


Paradigmenwechsel: westliche Wissenschaft und östliche Perspektive

Die westliche, reduktionistische Sicht der Dinge ist durch die Kultur bedingt, in die sie eingebettet ist. Sie arbeitet mit Paradigmen, die für die Erklärung der objektiven und physikalischen Welt ausgesprochen erfolgreich ist. Aber diese Paradigmen reichen nicht aus, um auch dem Begriff des Bewusstseins auf die Spur zu kommen. Hier kann man sich bei Experimenten und Untersuchungen nur darauf verlassen, was die jeweiligen Personen über ihre Gefühlslage mitteilen. Der sogenannte „wissenschaftliche Fundamentalismus“ greift also zu kurz, denn es reicht eben nicht aus, nur die physikalischen Eigenschaften der Welt zu erkennen.

Es ist daher im Westen ein Paradigmenwechsel nötig. Eine neue Form der Herangehensweise muss die richtigen Fragen stellen, um das Bewusstsein zu verstehen und zu erklären. Wie es gehen könnte, zeigt uns der Osten. Im buddhistischen Denken etwa werden die psychischen Effekte meditativer Zustände bestimmt, und Gruppen werden miteinander verglichen, um darzustellen, wie das Bewusstsein sich mit zunehmender Praxis verändert. Es besteht dort ein tiefes Verständnis für transzendente Zustände und die Wege, die zu ihnen führen.

Ausweg Quantenmechanik

Die reduktionistische Wissenschaft wird zwar eines Tages mit großer Wahrscheinlichkeit mehr über die Funktionen des Gehirns herausfinden, es ist aber zweifelhaft, dass sie je das Bewusstsein vollständig erklären wird. 2005 erschien ein Aufsatz, der die eingeschränkte mechanistische Sichtweise für überholt erklärte und postulierte, dass das Gehirn ein quantenmechanisches System ist. Die Autoren argumentieren, dass die Schnittstellen der Neurotransmitter (das sind die chemischen Signalmoleküle der Nervenzellen) empfänglich für Quanteneffekte sind. Es gibt mittlerweile sogar Experimente, die darauf hinweisen, dass das Bewusstsein nicht auf das Gehirn begrenzt ist, sondern auf einen vernetzten Geist schließen lassen. Darüber mehr im nächsten Blogbeitrag.

Über den Autor

Dr. Peter Fenwick ist Naturwissenschaftler und Neuropsychiater. Über das Bewusstsein und die verschiedenen Theorien schreibt er in seinem aktuellen Werk „Die Kunst des Sterbens“.

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